PEGIDA, AfD, HoGeSa und Co. spuken seit einiger Zeit durch die Öffentlichkeit und mobilisierten bisher Zehntausende von Menschen gegen „die Flüchtlinge“ und „den Islam“. Die Anschläge auf Asylunterkünfte bspw. sind im Zuge dessen in der BRD sprunghaft gestiegen. Seit November sind aber auch mehr als 100.000 Menschen auf die Straße gegangen, um ein Zeichen gegen Ausgrenzung, Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie und Stigmatisierungen und für eine offene und friedliche Gesellschaft zu setzen.
Die gesellschaftliche Basis für die neue Rechte wird seit Jahren mit Scheinargumenten für die angebliche Islamisierung und vermeintliche „Ausländerkriminalität“ bis hin zum „Untergang des Abendlandes“ gebildet. Die rassistischen Thesen eines Thilo Sarrazin wurden von der BILD abgedruckt, der Focus titelte nach den Pariser Anschlägen im Januar mit der Abbildung einer Kalaschnikow: „Das hat nichts mit dem Islam zu tun. Doch!“ Politiker*innen und bürgerliche Ökonom*innen machen über 20 Jahre nach der faktischen Abschaffung des Grundrechts auf Asyl wieder Stimmung gegen vermeintliche „Sozialbetrüger” oder „Wirtschaftsflüchtlinge”, während seitdem an den Außengrenzen der EU über 20.000 Menschen ertrunken sind.
„Der Islam“ und „die Flüchtlinge“ sind dabei aber nur Sündenböcke für Unzufriedenheit, politische Ohnmacht, Entfremdung und Ausbeutung, die aus einer Politik resultieren, die nur an der Wahrung von Profiten für einige Wenige interessiert ist: Hartz4, Leiharbeit, der größte Niedriglohnsektor Europas, Armut, Waffenproduktion und Kriege in aller Welt sind Bestandteile dieses Neoliberalismus. In einer Forsa-Umfrage vom Januar gaben daher bereits 72% der Befragten im Osten Deutschlands an, „dass auf die Interessen der Bevölkerung kaum noch Rücksicht genommen wird“.
Die rassistische Abgrenzung dagegen, so der Soziologe Wulf D. Hund, „stellt allen Gesellschaftsmitgliedern ideologisch sanktionierte und häufig mit religiöser oder wissenschaftlicher Legitimation versehene Mittel der Diskriminierung anderer zur Verfügung, die sich ohne Rücksicht auf soziale Differenzen […] verwenden lassen. Sie ermöglicht so Abgrenzung, Aufwertung und Protest in einem und stabilisiert gleichzeitig die Verhältnisse, denen sich die Motivation für ihre Anwendung verdankt.“
Letzteres erklärt, warum PEGIDA, AfD, HoGeSa und Co. für die Übel des neoliberalen Kapitalismus so ohne weiteres „den Islam“ oder aber Flüchtlinge verantwortlich machen können: Damit wird von den eigentlichen Verursacher*innen abgelenkt. Diese sind laut Heribert Prantl, stellvertretender Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, als ein neoliberales „Einparteiensystem“, als „rotierendes Elitenkartell“ in Politik und Wirtschaft zu identifizieren. Zu ihrer Legitimierung soll überall das Prinzip der Alternativlosigkeit verbreitet werden: There is no alternative.
Hier muss kritische Wissenschaft und emanzipatorische Bildung ansetzen: „Die ‚Kritische Universität‘ ist die Rückbesinnung auf den ursprünglichen Inhalt von Wissenschaft als Prozeß der Selbstbefreiung des Menschen durch Aufklärung. Die gesellschaftliche Situation und ihre Möglichkeiten sollen analysiert werden, immer unter dem Aspekt der Veränderbarkeit in Richtung auf die Vermenschlichung der Gesellschaft. Dieser ursprüngliche Inhalt von Wissenschaft ist identisch mit dem Begriff der Demokratie.“ (Rudi Dutschke, Stern-Interview vom 26.11.1967)
Wir müssen also – vor allem als Hochschulmitglieder – Wissenschafts- und Bildungsprozesse anstoßen, die dem status quo die Maske der Alternativlosigkeit vom Gesicht reißen, die wirklichen Ursachen sozialer, ökonomischer und ökologischer Probleme ergründen und Teil der Lösung dieser Probleme sein. Wenn wir erkennen und daran arbeiten, dass eine friedliche, humane Welt nicht nur nötig, sondern auch möglich ist, erschweren wir es auch rechten Menschenfängern, die Krisensituation mit Rassismus, Diskriminierung, Ausgrenzung und noch mehr Konkurrenz zu beantworten.
Daher ruft die LandesAStenKonferenz Hamburg mit dazu auf, am 28.2. nach Dresden zu fahren und bei der Großdemonstration eines breiten Bündnisses von Flüchtlingsorganisationen und Unterstützer*innen ein Zeichen der Solidarität mit Geflüchteten und Opfern von Diskriminierung und Stigmatisierung – und damit auch gegen die Aktivitäten und Parolen von PEGIDA zu setzen.
Aufruf als PDF hier