„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.“ (Schwur von Buchenwald, 19. April 1945)
Antifaschismus bedeutet gegen Nazis und andere Rechte auf die Straße zu gehen und sie zu blockieren. Aber er ist noch mehr: Antifaschismus bedeutet ebenso, aktiv an einer Welt mitzuarbeiten, in der Menschen als Gleiche unter Gleichen in Frieden und Freiheit leben können – einer Welt also, in der auch eine Wiederholung der Schrecken der Vergangenheit ausgeschlossen ist. Dafür muss man es mit „de[m] Nazismus [und] mit seinen Wurzeln“ aufnehmen. So ist es im Schwur von Buchenwald von befreiten KZ-Gefangenen als (bis heute nicht eingelöste) Losung ausgegeben.
Das „Nie wieder“ wird im ‚Potsdamer Abkommen‘, das die Alliierten nach Kriegsende 1945 beschlossen haben, gefasst als die Denazifizierung, Demilitarisierung, Demokratisierung und (politische wie wirtschaftliche) Dezentralisierung Deutschlands. In Zeiten massiver Polarisierung in der tiefen Krise des Kapitalismus haben diese Vorhaben nichts an Aktualität eingebüßt: Aktuell besitzen – nach einer neuen Studie von Oxfam – derzeit die reichsten acht Menschen so viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung zusammen. Der Widerspruch zwischen Möglichkeit einer menschenwürdigen Gesellschaft und der Realität ist damit so groß wie nie und die gesellschaftliche Situation dementsprechend umkämpft.
Von PEGIDA bis Trump, von Le Pen bis AfD wollen die Rechten in dieser umkämpften Zeit den neoliberalen Kapitalismus retten und suchen dafür Sündenböcke: Schuld seien an der prekären Lage von Millionen und der Verrohung in der Gesellschaft (deren Ausdruck sie auch selber sind) nicht das Konkurrenzprinzip, die Profitorientierung von Unternehmen, der sich auch alle öffentlichen Bereiche unterwerfen sollen, o. ä., sondern wahlweise Flüchtlinge, Migranten, Juden, alle die, die als ‚außerhalb der Volksgemeinschaft‘ konstruiert werden. An die Stelle materieller Sicherheit soll ein ‚Geborgenheitsgefühl‘ durch die Zugehörigkeit zur ‚Volksgemeinschaft‘ treten. In ihr sollen die Menschen – weiter kollektiv-vereinzelt und ohnmächtig – aufgehen und der Klassenkonflikt verschleiert werden: „Die Soziale Frage der Gegenwart ist nicht primär die Verteilung des Volksvermögens von oben nach unten, unten nach oben, jung nach alt oder alt nach jung. Die neue deutsche Soziale Frage des 21. Jahrhunderts ist die Frage nach der Verteilung des Volksvermögens von innen nach außen“ (Björn Höcke, AfD, am 28.4.2016 auf einer Demonstration in Schweinfurt).
Die wirkliche soziale Frage der Gegenwart stellt sich nach der gesellschaftlichen Erarbeitung und Verteilung des Reichtums (s. Oxfam). Gegen jegliche Naturalisierungen von (sozialer) Ungleichheit, muss Wissenschaft aufzeigen, dass die sozialen Verhältnisse von Menschen gemacht und von Menschen verändert werden. Die „4 Ds“ des Potsdamer Abkommens zeigen für diese Veränderung die Richtung an. In der Aktualisierung der Denazifizierung haben Rechts- und Politikwissenschaften mit der Aufdeckung der Verknüpfung von rechter Szene und Verfassungsschutz sowie mit der Durchsetzung des weiter notwendigen NPD-Verbots ebenso wie mit der wirklichen Durchsetzung des Grundrechts auf Asyl alle Hände voll zu tun. Zur Demilitarisierung ist eine Zivilklausel im Hamburgischen Hochschulgesetz unerlässlich, mit der die Wissenschaft für den Frieden zum Leitprinzip ausgebaut wird. Die Demokratisierung aller Lebensbereiche ist nicht nur eine Frage politischer Maßnahmen, sondern eine lebendige Kultur der gemeinsamen Gestaltung aller Lebensbereiche: Die Uni kann durch die wissenschaftliche Bearbeitung gesellschaftlicher Probleme (von Beginn des Studiums an) zur Bildung mündiger Persönlichkeiten und einem demokratischen Gemeinwesen beitragen. Dafür muss sie selbst weiter demokratisiert werden.
Zur Durchsetzung dieser antifaschistischen Orientierung in der Wissenschaft können wir heute anknüpfen an das reichhaltige Wirken von Arbeiterbewegung, Widerstandsbewegung wie der Weißen Rose, und„68ern“. In den Veranstaltungen des tätigen Erinnerns rund um die Uni, wie die Mahnwachen zur Reichspogromnacht vom 9.11.1938 und die öffentlichen Lesungen aus den verbrannten Büchern vom 15.5.1933, lernen wir von den antifaschistischen, humanistischen, sozialistischen, pazifistischen Ambitionen unserer Vorkämpfer*innen für die heutigen Auseinandersetzung: Statt nach oben zu buckeln und nach unten zu treten, beziehen wir uns auf das gemeinsame menschliche Interesse, kollektiv an der Gestaltung von solidarischen Lebensverhältnissen tätig zu sein. Lasst uns also unser Ändern leben! Das ist befreiend für alle, denn im Kampf um Befreiung ist diese selbst schon präsent: „In der Organisation und Gemeinschaft der Kämpfenden erscheint trotz aller Disziplin, die in der Notwendigkeit, sich durchzusetzen, begründet ist, etwas von der Freiheit und Spontaneität der Zukunft.“ (Max Horkheimer, Traditionelle und kritische Theorie, 1937)
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