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Emanzipatorische Bildung und kritische Wissenschaft sind notwendiger denn je – 15 Jahre Bologna-System

Insbesondere müssen wir uns mit dem Ziel der Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Hochschulsystems befassen“, heißt es in der Bologna-Erklärung verräterisch. Damit ist diese Erklärung im Kontext einer gesamtgesellschaftlichen neoliberalen Entwicklung innerhalb der EU zu sehen, welche die Ziele und Funktionsweisen von Bildung und Wissenschaft gegen heftige Kritik aus den Bildungseinrichtungen stark verändert hat. Am 19. Juni 1999 wurde die Bologna-Erklärung, die EU-weit das Bachelor-Master-System einführte, von den Bildungsministern der EU-Länder unterschrieben. Was sich bereits vor 15 Jahren ankündigte, ist spätestens heute deutlich: Die sogenannte Bologna-Reform ist grundlegend gescheitert!

Es wurde nicht erreicht, was behauptet wurde: Der Austausch und die Mobilität der Studierenden sollten befördert werden, doch Konkurrenz schafft keine Kooperation. Es wurde nicht erreicht, was beabsichtigt war: Billiges Humankapital sollte nach verkürzten Studienzeiten auf den Arbeitsmarkt gespült werden, doch selbst die Arbeitgeber beschweren sich mittlerweile über dieses Studiensystem. Und es wurde nicht erreicht, was gesellschaftlich notwendig ist. Die Fragen, die wissenschaftlich bearbeitet werden müssen, schreien in der aktuellen Krise nach Lösungen: Wie schaffen wir gewaltfreie Konfliktlösung gegen die imperialistische Landnahme, wie aktuell in der Ukraine? Wie errichten wir demokratische Strukturen gegen die Macht des Marktes, damit die Interessen der Menschen und nicht des Profits den Mittelpunkt bilden? Wie lösen wir das Problem der sozialen Ungleichheit, wie überwinden wir die Schuldenbremsen-Politik? Wie lässt sich die permanente Zerstörung der Umwelt aufhalten? Diese Fragen müssen Teil der Wissenschaft und somit des Studiums sein!

An der Uni Hamburg hat die intensive Studienreform einige neoliberalen Instrumente des Ba-Ma-Systems zurückdrängen können: (Modul-) Fristen sind abgeschafft (spätestens im Oktober überall durch das neue Hochschulgesetz), der Anwesenheitszwang ist überwunden, der frühere Bereich „Allgemeine Berufsqualifizierende Kompetenzen“ soll in ein Labor für gesellschaftskritisches Projektstudium genutzt werden, die Prüfungslast wurde reduziert. Die Studienstruktur muss auf die Ermöglichung von emanzipatorischer Bildung ausgerichtet sein, die am Interesse der Menschen anschließt, diese herausarbeitet und erweitert. Es geht also darum, (pädagogische) Verhältnisse zu etablieren, die es tatsächlich ermöglichen, wie Antonio Gramsci schreibt, „die eigene Weltauffassung bewusst und kritisch auszuarbeiten und folglich […], an der Hervorbringung der Weltgeschichte aktiv teilzunehmen, Führer seiner selbst zu sein und sich nicht einfach passiv und hinterrücks der eigenen Persönlichkeit von außen den Stempel aufdrücken zu lassen.“ (Antonio Gramsci: Gefängnishefte.)

In der aktuellen, tiefen Krise kommt es umso mehr darauf an, dass die Hochschulen mindestens Teil – wenn nicht Initiator – von gesellschaftlicher Bewegung für eine soziale Gesellschaft sind. Dafür müssen wir sie in die Lage versetzen. Das Hochschulgesetz muss durch die aktuelle Novelle die „unternehmerische Hochschule“ für immer in die Geschichte verbannen. Die Studienreform muss für kritischen Gesellschaftsbezug mit der Verwertbarkeitsorientierung brechen. Die öffentlichen Mittel der Universität müssen dafür aufgestockt werden.

Der Kampf um die Ausrichtung der Hochschulen ist der Kampf um die Ausrichtung der gesellschaftlichen Entwicklung: Solidarität statt Konkurrenz! Die neoliberale Deformierung kann nur durch eine solidarische Reformierung von unten überwunden werden. Dafür müssen wir uns organisieren und qualifizieren, so dass auf allen Ebenen die neoliberale Doktrin angegriffen und überwunden wird. Vor diesem Hintergrund ist auch ein linker AStA zu bilden, der die Studienreform in diesem Sinne weiter treibt. Außer den Ketten des Bachelor-Master-Studiums haben wir nichts zu verlieren, aber die ganze Universität zu gewinnen.

Sitzung des Akademischen Senats

am 19.06.14, um 14 Uhr c.t., im ESA W Raum 221, mit Diskussion über das Leitbild Lehre

Bürgerschaftssitzung

am 18.06.14 ab 15 Uhr im Rathaus mit der 1. Lesung des HmbHG-Entwurfs

Zur Regionalkonferenz von dielinke.SDS nach Jena

vom 20. – 21.06.14 „Auf zu neuen Ufern – wohin steuert die Uni?“.
u.a. mit Klaus Dörre und Andreas Merkens; www.wohin-steuert-die-uni.de/

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